Neugestaltung des Finanzausgleiches

Interpellation vom 17. November 2003

Kantonsrat, von Charles Gysel

Die Neugestaltung des Finanzausgleiches und der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen (NFA) werfen verschiedene Fragen grundsätzlicher Art auf. Dem ursprünglich geplanten Projekt zur Entflechtung der Finanzströme zwischen Bund und Kanton wurden im Laufe der Beratungen neue Instrumente der bundesstaatlichen Kooperation übergestülpt, die Föderalismus und Demokratiefragen tangieren. So besteht die berechtigte Befürchtung, dass das Reformpaket die föderalen Strukturen und insbesondere den Einfluss der kantonalen Parlamente massiv beeinträchtigt. Durch die Schaffung von allgemeinverbindlichen Verträgen und interkantonalen Institutionen mit Rechtssetzungsbefugnissen wird gesamtschweizerisch zwischen Bund und Kantonen eine neue Ebene eingeführt, welche die Autonomie der einzelnen Kantone nicht unwesentlich schwächt. Die Forcierung von exekutivstaatlichen Strukturen geht zwangsläufig zulasten der Parlamente und der Volksrechte. Es besteht somit die Gefahr, dass die gutgemeinte Aufgaben- und Finanzentflechtung, die nach dem Subsidiaritätsprinzip die Kantone in ihren Gestaltungsspielräumen stärken sollte, diese durch vorgesehene vertragliche Zusammenarbeits- und Finanzformen mehr schwächen als stärken.

In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, dem Regierungsrat nachfolgende Fragen zu stellen:

1. Wie beurteilt der Regierungsrat das Projekt NFA bezüglich Subsidiaritätsprinzip und Stärkung bzw. Schwächung der drei Ebenen
     Bund, Kanton und Gemeinden?

2. Welche Rolle soll das Kantonsparlament bei der Ausarbeitung und Ausgestaltung interkantonaler und grenzüberschreitender
     Vereinbarungen und Verträgen spielen? Kann das Parlament schlussendlich nur noch Ja oder Nein sagen?

3. Wie beurteilt der Regierungsrat die Gefahr der Aushöhlung der Demokratie bei der Allgemeinverbindlichkeitserklärung ?

4. Werden die Kantonsregierungen und Parlamente teilweise nur noch zu nachvollziehenden Gremien der Direktorenkonferenzen?

5. Wie wird das „Machtvakuum“ der Regierung und des Parlamentes durch die Schaffung neuer Gestaltungsebenen zwischen Bund und
     Kanton ausgeglichen?

6. Was hat der Regierungsrat bisher unternommen, um den beschriebenen Tendenzen entgegenzuwirken?

7. Hat sich der Regierungsrat bezüglich frühzeitiger Einbindung des Parlamentes bei grenzüberschreitenden Verträgen (dazu gehören
     auch interkantonale Vereinbarungen) schon Überlegungen gemacht, und wenn ja, welche?

8. Ist dem Regierungsrat bekannt, ob, und wenn ja, wie einzelne Kantone bereits neue Kompetenzregelungen unter Einbezug der
     Parlamente getroffen haben?

Für die Beantwortung dieser Fragen danke ich. In Anbetracht der Komplexität bitte ich den Regierungsrat zur Interpellation gemäss Geschäftsordnung vor der Behandlung im Kantonsrat schriftlich Stellung zu nehmen.