Eigenbetreuungsabzug Auch die elterliche Erziehungsarbeit verdient unsere Wertschätzung!

Kleine Anfrage vom 30. November 2009

Kantonsrat, von Daniel Preisig

Am 27. September 2009 lehnte das Schaffhauser Stimmvolk nach einem intensiven und emotionalen Abstimmungskampf die Volksinitiative «Schluss mit der Diskriminierung der klassischen Familie» mit 47% Ja- zu 53% Nein-Stimmen äusserst knapp ab. Viele – vor allem ländliche – Gemeinden haben die Initiative angenommen. Die Initiative hatte die Aufhebung der steuerlichen Schlechterstellung der elterlichen Erziehungsarbeit gegenüber der Fremdbetreuung verlangt.

Eltern, die ihre Kinder heute gewerblich fremd betreuen lassen, profitieren heute von grosszügigen Krippensubventionen, Krippenplatzvergünstigungen und vom Fremdbetreuungsabzug. Eltern, die sich selbst um ihre Kinder kümmern, gehen hingegen leer aus. Diese Ungerechtigkeit stösst auf grosses Unverständnis und wird von vielen nicht goutiert. Eltern sollen steuerlich alle gleich behandelt werden, ganz unabhängig davon, für welche Erziehungsform sie sich entscheiden. Auch die elterliche Erziehungsarbeit verdient die Anerkennung von Gesellschaft und Staat.

Im Abstimmungskampf hat sich deutlich gezeigt, dass das Kernanliegen im Grundsatz mehrheitsfähig ist. Knapp nicht mehrheitsfähig ist jedoch die Umsetzung über die Abschaffung des bestehenden Fremdbetreuungsabzugs, wie dies die Initiative gefordert hatte.

Persönlichkeiten, welche die Ablehnung der Initiative empfahlen, haben klar signalisiert, dass sie eine Umsetzung des Anliegens mit der Einführung eines Eigenbetreuungsabzuges begrüssen würden. Statt der Abschaffung des bestehenden Fremdbetreuungsabzuges könnte ein neuer Steuerabzug für selbsterziehende Eltern eingeführt werden. Andere Kantone haben dies vorgemacht. Der Eigenbetreuungsabzug stösst dort bei allen Parteien auf Zustimmung.

In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:

Frage 1: Wie viele Eltern (Anzahl und Prozentsatz aller Eltern) im Kanton Schaffhausen machen heute vom
                 Fremdbetreuungsabzug gebrauch? Wie verteilt sich die Höhe der gemachten Abzüge auf die steuerpflichtigen
                 Eltern? Kann eine Aussage bezüglich der Art der Kinderfremdbetreuung (Krippen und Horte, Kindermädchen,
                 Privatschule, etc.) gemacht werden?

Frage 2: Welche Betreuungsform – Fremdbetreuung oder Betreuung durch die Eltern – erachtet der Regierungsrat als die
                  bessere Betreuungsform? Welche Vorteile sieht der Regierungsrat in der selbständigen Betreuung der Kinder durch
                  Mutter und/oder Vater? Welche Vorteile und Nachteile sieht der Regierungsrat, wenn die Eltern sich selbständig
                  organisieren und eine unentgeltliche Fremdbetreuung installieren?

Frage 3: Ist der Regierungsrat tatsächlich der Meinung, dass Personen, die eigentlich eine kostenlose Betreuung ihrer Kinder
                  in der Verwandtschaft oder Bekanntschaft gefunden hat, zur Steueroptimierung ein Entgelt mit der betreuenden
                  Person vereinbaren muss? Dies wurde im Abstimmungskampf von der Gegnerschaft mehrfach postuliert.

Verschiedene Kantone kennen den Eigenbetreuungsabzug bereits oder sind dabei, diesen einzuführen: Im Kanton Zug ist seit Januar 2007 ein Steuergesetz in Kraft, das für die Eigen- und Fremdbetreuung den gleich hohen, nicht kumulierbaren Abzug von CHF 3`000 zulässt . Im Kanton Luzern hat das Volk im vergangenen September ja gesagt zu einer Steuergesetzrevision, die auch die Einführung eines Eigenbetreuungsabzuges von CHF 2`000 beinhaltet . In Luzern wurde der Eigenbetreuungsabzug derart gestaltet, dass er im allgemeinen Kinderbetreuungsabzug enthalten ist. Fremdbetreuungskosten können nur geltend gemacht werden, wenn sie die Höhe des Eigenbetreuungsabzuges übersteigen. Im Kanton Nidwalden schlägt die Regierung dem Parlament die Einführung des Eigenbetreuungsabzuges von CHF 3`000 vor.

Bei der rechtlichen Umsetzung des Eigenbetreuungsabzuges gibt es aber auch verfassungsrechtliche Bedenken (Vereinbarkeit mit dem Steuerharmonisierungsgesetz und dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit). So wurde im Kanton Schwyz eine Volksinitiative der SVP als ungültig erklärt, weil sie gemäss einem Gutachten zu einer massiven Schlechterstellung der Fremdbetreuung geführt hätte. Die Initiative hatte einen Eigenbetreuungsabzug gefordert, ohne dass es einen Fremdbetreuungsabzug gibt.

Frage 4: Wie beurteilt der Regierungsrat die rechtliche Zulässigkeit eines Eigenbetreuungsabzugs nach dem Modell der
                  Kantone Luzern, Zug und Nidwalden? Sind dem Regierungsrat andere Modelle bekannt? Wenn ja, welche? Wie
                  beurteilt der Regierungsrat die Vereinbarkeit dieser Modelle mit dem Schaffhauser Recht? Welche Form des
                  Eigenbetreuungsabzuges (Sozialabzug oder Gewinnungskostenabzug, eigener Abzug oder Kombination mit
                  Fremdbetreuungsabzug, Abzugshöhe) betrachtet der Regierungsrat als zulässig und zweckmässig für den Kanton
                  Schaffhausen?

Frage 5: Ist der Regierungsrat bereit, den Eigenbetreuungsabzug in der nächsten Steuergesetzrevision vorzusehen? Falls ja,
                  in welcher Ausgestaltung (Form und Abzugslimite) und mit welchem Zeithorizont?

Selbsterziehende Eltern werden heute vom Staat mehrfach finanziell benachteiligt. Wer seine Kinder fremdbetreuen lässt, profitiert neben dem Steuerabzug zusätzlich von Subventionen und Kostenbeteiligungen in Krippen und Horte, die von der Allgemeinheit bezahlt werden.

Allgemein unbestritten ist die staatliche Krippenvergünstigung bei finanziellen Härtefällen (Beispiel: Alleinerziehende Mutter). Allerdings schiessen die staatlichen Krippen-Vergünstigungen weit über dieses Ziel hinaus: Die Stadt Schaffhausen beispielsweise vergünstigt Krippenplätze bis zu einem Einkommen von CHF 120`000. Bei diesem Betrag kann man beim besten Willen nicht mehr von Hilfe in finanzieller Not sprechen; viel eher haben wir es hier mit staatlicher Subventionierung eines trendigen Lebensstils für gutbetuchten Doppelverdiener zu tun.

Bereits wird über die flächendeckende Einführung von staatlichen Kinderbetreuungsangeboten an unseren Volksschulen nachgedacht. Bei der Finanzierung dieser Angebote zeichnet sich eine weitere Benachteiligung selbsterziehender Eltern ab, da diese Angebote massgeblich über Steuergelder finanziert werden sollen.

Frage 6: Ist der Regierungsrat bereit, bei der Finanzierung anstehender Revisionen im Schul- und Erziehungsbereich, den
                  selbst¬erziehenden Eltern weiterhin grösstmögliche – vor allem auch finanzielle – Wahlfreiheit zu lassen und die
                  Finanzierungsregelungen entsprechend auszugestalten? Nach welchen Grundsätzen plant der Regierungsrat die
                  Finanzierung der Betreuungsangebote in den Gemeinden, gerade auch in solchen, welche die Initiative
                  angenommen haben?

Frage 7: Sieht der Regierungsrat weitere Möglichkeiten, dem Abstimmungsresultat Rechnung zu tragen und auch denjenigen
                  Familien Wertschätzung entgegen zu bringen, die ihre Kinder nicht gegen ein Entgelt fremdbetreuen lassen?

Für die gesonderte Beantwortung der Fragen danke ich heute schon bestens.

 

1) Quelle: Steuergesetz des Kantons Zug, 632.1, §33 Abs. 2 und 2bis, http://www.zug.ch/behoerden/staatskanzlei/kanzlei
     / bgs/6-finanzen/63-steuern/632-kantons-und-gemeindesteuern/632.1-steuergesetz-vom-25.-mai
     2000/at_download/file

2) Quelle: Botschaft zur Volksabstimmung Steuergesetzrevision 2011, http://www.lu.ch/volksbotschaft-2009-09-27.pdf

3) Quelle: Medien-Information zur Steuergesetzrevision, http://www.nw.ch/dl.php/de/4afbb9c7d104f
      /2009-11-12_steuergesetzrevision_2011.pdf

4) Quelle: Beschluss Nr. 1045/2008 des Regierungsrates des Kantons Schwyz zum Initiativbegehren «Steuerentlastung für
      Erziehungsarbeit in der Familie», Bericht und Antrag an den Kantonsrat, http://www.sz.ch/documents
      /rrb_1045_2008.pdf

5) Vgl. Motion von Kantonsrätin Jeanette Storrer, erheblich erklärt am 22.01.2007, mit dem Titel «Rahmengesetz mit
      Anschub- bzw. Impulsfinanzierung für familienergänzende Kinderbetreuungsangebote» sowie Interkantonale
      Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HARMOS-Konkordat) Art. 11 Abs. 2