1. August-Rede von Kantonsrat Markus Müller in Gächlingen
Meine 1. August-Rede in Gächlingen – Rückblick, Ausblick und klare Worte
Am Nationalfeiertag durfte ich zu Ihnen, liebe Gächlingerinnen und Gächlinger, sprechen – und begann mit sehr persönlichen Erinnerungen: dem süsslichen Geruch der Graströchni, Begegnungen in der Badi Neunkirch, gemeinsamen Schulwegen zur Kanti und der abenteuerlichen Fahrt mit unserem 24-PS-Traktor samt drei Tonnen Weizen die Steigstrasse hinunter.
Auch an meine erste Gächlinger Bekanntschaft, Lisbeth Müller-Schilling, mein Göttimeitli Violeta und politische Vorbilder wie Hans Reich und Hubert Rüedi habe ich gedacht.
Ausgehend von unserer Geschichte habe ich daran erinnert, dass der Wohlstand und Frieden, den wir heute geniessen, keineswegs selbstverständlich sind. Vor rund 150 Jahren war auch Gächlingen ein Auswandererland, zwischen 1841 und 1895 verliessen über 200 Familien, darunter viele Schnetzler, Vögeli, Müller und Murbach, ihre Heimat in Richtung Amerika.
Wachstum und seine Folgen
Ich sehe viele Parallelen zwischen Löhningen und Gächlingen: Beide Dörfer erleben in den letzten Jahren ein starkes Bevölkerungswachstum – nicht durch höhere Geburtenraten, sondern durch Zuwanderung und steigende Wohnraumbedürfnisse. Neubauten bringen neue Einwohner, aber auch grosse Herausforderungen für Infrastruktur und Gemeindefinanzen. Wasser-, Abwasser- und Strassennetze, Schulen und Kindergärten sind für dieses Tempo nicht ausgelegt.
Finanzausgleich und Milizsystem
Im Kantonsrat habe ich mich für einen faireren Finanzausgleich eingesetzt. Gächlingen erhält dieses Jahr 1,25 Millionen Franken und nächstes Jahr 1,4 Millionen. Mir liegt auch unser Milizsystem am Herzen: effizient, bürgernah – aber zunehmend schwierig zu besetzen. Ohne Anpassungen bei Entschädigung und Strukturen drohen Fusionen oder der Verlust unserer lokalen Mitsprache.
Selbstbestimmung bewahren
Der Bezug zum Bundesbrief von 1291 ist für mich klar: Keine fremden Richter, keine fremden Herren – wir wollen selber bestimmen. Das gilt nicht nur gegenüber der EU, sondern auch innerhalb der Schweiz: für starke Volksrechte, gegen träge Berufspolitiker und gegen die zunehmende Macht einer wachsenden Verwaltung. Mit einem Augenzwinkern habe ich einen älteren Klettgauer Bauern zitiert: „Wir Bauern sind Sklaven von Bern“ – und davor gewarnt, unsinnige Gesetze und Vorschriften ungeprüft zu übernehmen.
Mein Appell
Ich wünsche mir, dass wir alle an Gemeindeversammlungen teilnehmen, abstimmen gehen und kritisch mitdenken. Nur so können wir die Freiheit bewahren, für die unsere Vorfahren den Grundstein gelegt haben.
Zum Schluss
Mit einem Zitat aus einem Lied von Adrian Stern – „Mir träumed farbig und denked schwarz-wiss“ – habe ich dazu aufgerufen, mutig, dankbar und mit Lebensfreude in die Zukunft zu schauen und unsere Visionen zu verwirklichen.
Markus Müller, Kantonsrat Löhningen