Die Schweiz und die EU – Ein Vertrag mit Folgen für die Schweiz im Bereich der Forschung - Leserbrief von Peter Scheck
Soeben hat Bundesrat Guy Parmelin mit EU-Kommissarin Ekaterina Sachariewa in Bern ein Abkommen zu den EU-Programmen unterzeichnet. Das Abkommen ist Teil des Abkommenspakets zwischen der Schweiz und der Europäischen Union. Voraussetzung für die Umsetzung ist natürlich die Zustimmung der Schweiz zum Gesamtpaket.
Im Vertrag mit der EU ist vorgesehen, dass die Schweiz für Erasmus+ künftig jährlich rund 170 Millionen Franken bezahlen müsste. Das ist dreimal mehr als für das bisherige nationale Austauschprogramm. Das EU-Forschungsprogramm Horizon Europe schlägt ebenfalls mit jährlich Hunderten Millionen Franken zu Buche: Die Schweiz muss für die Periode 2021 bis 2027 über 6 Milliarden Franken zahlen. Horizon und Erasmus+ sind durchzogen von politischen EU-Zielen wie Digitalisierung, Klimaschutz, Gender und Inklusion. Statt einer thematisch offenen und vor allem ergebnisoffenen Forschung fördert die EU eine einseitige ideologische Forschung.
Bisher konnten Schweizer Hochschulen durch Quoten und höhere Gebühren für Ausländer eine ausgewogene Verteilung sichern – wie etwa die Universität St. Gallen mit ihrer seit Jahrzehnten bewährten 25%-Ausländerquote. Künftig wären solche Modelle nicht mehr möglich: Die EU verlangt ungehinderten Zugang der Studierenden aus der EU an die Hochschulen sowie deren Gleichstellung mit den einheimischen Studenten bei den Studiengebühren. Das bedeutet noch mehr Studierende aus dem EU-Raum, ohne dass die Schweiz die Zahl steuern könnte, denn Schutzklauseln fehlen im Vertrag. Die Schweizer Hochschulen verlieren ihre Autonomie, die Kantone werden zusätzlich finanziell belastet und die Schweizer Bevölkerung muss noch mehr bezahlen. Zurzeit gehören einige Schweizer Hochschulen zu den Besten Europas. Mit dem Vertrag wäre wohl zwangsläufig eine Nivellierung auf das Niveau der übrigen europäischen Hochschulen zu erwarten.
Die Schweiz braucht zwar internationale Bildungskooperation, aber nicht um den Preis der Selbstaufgabe. Die Schweiz braucht keine institutionelle Anbindung, um in Forschung, Bildung und Innovation weltführend zu sein. Die rund 6 Milliarden Franken, die für die Teilnahme an den EU-Programmen bis 2027 vorgesehen sind, stellen ein enormes Potenzial dar, wenn sie souverän und gezielt im Inland und für globale Kooperationen eingesetzt würden. Bei dieser Teilvorlage geht es nicht nur um Forschungsgelder oder Austauschprogramme. Es geht um die fundamentale Frage, ob die Schweiz auch in Zukunft über ihr eigenes Schicksal bestimmen soll oder ob sie diesen Weg der Selbstbestimmung wie hier in Forschung und Entwicklung aufgibt.
Die Ablehnung des Abkommens ist ein klares Bekenntnis zur erfolgreichen, unabhängigen und weltoffenen Schweiz.
Peter Scheck, Schaffhausen
