"Unsicheres Europa, sichere Schweiz" - Die Weltwoche zu Besuch in Thayngen
Europa in der Krise – Köppel wirbt für Schweizer Eigenständigkeit

Rund 300 Gäste, ein Thema, klare Worte. Am vergangenen Mittwochabend füllte sich der Thaynger Reckensaal. Auf der Bühne: Roger Köppel, Verleger der «Weltwoche». Eingeladen von der SVP des Kantons Schaffhausen sprach er über Europas Krisen und über eine Schweiz, wie er sie sich wünscht. Unabhängig, neutral, selbstbewusst. Ein Abend voller Scharfsinn, Satire, einer Prise Humor und der gewohnt pointierten Köppel-Rhetorik.
Am Mittwochabend, 4. Juni, sprach Roger Köppel, Verleger der «Weltwoche» und ehemaliger SVP-Nationalrat, im Reckensaal in Thayngen vor rund 300 interessierten Zuhörenden. Unter dem Titel „Unsicheres Europa, sichere Schweiz“ skizzierte er seine Sicht zur geopolitischen Lage Europas und warb für eine eigenständige Schweizer Politik. Noch vor Beginn seines Vortrages bat Köppel den anwesenden Ständeratskandidaten Severin Brüngger spontan auf die Bühne. Ein Test seiner Spontaneität, wie Köppel schmunzelnd erklärte. Nach dem kurzen Bühnenintermezzo rief er das Publikum dazu auf, am 29. Juni an die Urnen zu gehen. «Die Kantone sind die Grundpfeiler der Schweiz», betonte er.
Eingeleitet wurde der Vortrag mit einem Verweis auf Köppels 2021 erschienenen Artikel «Streit ist das Lebenselixier der Frauen». Streit, so Köppel, sei kein Zeichen von Feindseligkeit oder Ablehnung, sondern Ausdruck intensiver Kommunikation. In einer Partnerschaft gar Ausdruck von Zuneigung. Was zunächst provokativ wirkte, diente als Überleitung zum eigentlichen Thema: Nämlich der politischen Streitkultur als Fundament der Schweizer Demokratie. In der Schweiz sei der offene Meinungsstreit nicht nur erlaubt, sondern von essenzieller Bedeutung. Denn nur durch den Austausch unterschiedlichster Positionen könnten tragfähige Lösungen entstehen. Der wahre Vorteil und die Stärke der Schweiz liege in ihrer einzigartigen Staatsform: «Unsere Vorfahren haben ein System geschaffen, das uns immer wieder zwingt, selbst zu entscheiden, wohin es gehen soll», so die Meinung des 60-jährigen Verlegers. Auch wenn sich manche Politiker in Bern wie Könige aufführten, habe am Ende des Tages das Volk das letzte Wort. «Die Gralshüter unserer Nation ist das Volk», so Köppel. Die direkte Demokratie sei ein hohes Gut, dass es mit aller Kraft zu verteidigen und zu schützen gelte. Während in vielen Ländern Instabilität herrsche und politische Umstürze Alltag seien, bleibe die Schweiz stabil. Gerade weil das Volk entscheide, nicht die politische Elite. «Das nationale Interesse definieren wir selbst» erläutert Köppel und führt weiter «Nicht die Interessen der Politiker stehen zuoberst, sondern jene des Volkes. Und das Volk zwingt die Politiker, sie zu vertreten, nicht umgekehrt».
Anschliessend sprach Roger Köppel über die aktuelle Titelgeschichte der «Weltwoche», die in derzeit besonders beschäftige. Dabei ging es um einen Angriff der ukrainischen Streitkräfte auf die russische Atom-Luftwaffe: für Köppel ein hochriskantes Manöver. «Militärisch ist dieser Krieg für Selenskyi verloren», lautete seine Einschätzung. Politisch halte sich der ukrainische Präsident durch die Unterstützung des Westens über Wasser, der ihn weiterhin als Freiheitshelden und Symbolfigur der Demokratie feiere. Der Krieg habe seinen kritischsten Punkt erreicht. Die Funkstille zwischen den beiden Staatsoberhäuptern nannte Köppel «die Ruhe vor dem Sturm». Gerade in solchen Zeiten sei, als Gegengewicht zur politischen Sprachlosigkeit, eine lebendige Streitkultur entscheidend. Roger Köppel schloss mit dem Wunsch, sich mit seiner Einschätzung zu täuschen. Doch seine Analyse bleibt klar: Die Lage sei brandgefährlich.
Nach dem rund einstündigen Vortrag folgte eine Fragerunde mit dem Publikum mit anregenden Diskussionen.