Datenschutz vs. Sozialhilfemissbrauch

Kleine Anfrage vom 31. August 2007

Kantonsrat, von Andreas Gnädinger

Art. 206 Strafprozessordnung lautet:

Pflicht zur Strafanzeige

1 Behörden und Mitarbeiter sind zur Strafanzeige verpflichtet, wenn ihnen in ihrer amtlichen Stellung eine schwerwiegende
   Straftat bekannt wird.

2 Von dieser Pflicht ausgenommen, aber zur Anzeige berechtigt, sind Amtspersonen, deren Aufgaben ein persönliches
    Vertrauensverhältnis zu einem Beteiligten voraussetzen.

3 Die Anzeigepflicht entfällt, wenn dem Pflichtigen im Strafverfahren gegen den mutmasslichen Täter ein
    Zeugnisverweigerungsrecht wegen familiärer Beziehungen gemäss Art. 112 oder ein allgemeines
    Auskunftsverweigerungsrecht gemäss Art. 113 zustehen würde.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung könnte man somit davon ausgehen, dass die Mitarbeiter der Sozialhilfebehörden berechtigt, aber nicht verpflichtet sind, Sozialhilfemissbräuche zur Anzeige zu bringen.

1. Frage

Gelten Mitarbeiter der Sozialhilfebehörden als Vertrauenspersonen nach Abs. 2 dieser Bestimmung? Falls ja, woraus leitet sich das persönliche Vertrauensverhältnis ab?

2. Frage

Sind Mitarbeiter der Sozialhilfebehörde verpflichtet, Fälle von Missbräuchen dem Leiter der Behörde zu melden? Gilt er ebenfalls als Vertrauensperson nach Abs. 2 dieser Bestimmung?

3. Frage

Wie viele Missbrauchsfälle wurden in den Jahren 1997 bis 2007 intern registriert? Wie viele dieser Fälle wurden zur Anzeige gebracht?

Es stellt sich natürlich auch im umgekehrten Fall die Frage, ob die Polizei Angaben an die Sozialhilfebehörden weiterleiten darf. So scheint es den Medien zufolge fast an der Tagesordnung zu sein, dass überführte Kriminelle noch Sozialversicherungsleistungen bezogen hatten während der Zeit der Gesetzesverstösse. Handelt es sich bei den Gesetzesverstössen um Delikte, mit denen die Betroffenen Einkünfte erzielten, wären Sozialleistungen natürlich zu unrecht erfolgt.

4. Frage

Ist die Schaffhauser Polizei befugt, solche Daten den Sozialhilfebehörden und weiteren Amtstellen weiter zu leiten? Ist die Schaffhauser Polizei befugt, solche Daten an Sozialversicherer wie Invalidenversicherung, Unfallversicherung oder Arbeitslosenversicherung weiter zu leiten?

5. Frage

Wie viele solcher Sozialhilfemissbrauchsfälle hat die Schaffhauser Polizei in den Jahren 1997 bis 2007 weitergeleitet? In wie vielen Fällen wurden die Sozialhilfeleistungen eingestellt? In wie vielen Fällen wurden die zu unrecht bezogenen Sozialhilfegelder zurückgefordert?

6. Frage

Können Missbrauchsfälle mit der heutigen Gesetzgebung wirkungsvoll bekämpft werden oder sieht der Regierungsrat Handlungsbedarf? Welche Massnahmen müssten gegebenenfalls getroffen werden?